Geflüchtete Kinder: monatelang ohne Schulplatz


Tausende geflüchtete Kinder in Deutschland sind prinzipiell schulpflichtig, können aber trotzdem nicht zur Schule gehen - in großen Städten und in Ballungsräumen sogar bis zu einem Jahr lang nicht. Darauf wiesen Vertreter und Vertreterinnen...



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Tausende geflüchtete Kinder in Deutschland sind prinzipiell schulpflichtig, können aber trotzdem nicht zur Schule gehen - in großen Städten und in Ballungsräumen sogar bis zu einem Jahr lang nicht. Darauf wiesen Vertreter und Vertreterinnen von Flüchtlingsräten der Bundesländer hin. Gründe seien vor allem die lange Verweildauer in vorläufigen Unterbringungseinrichtungen sowie der Lehrkräftemangel. Die Schulen hätten nicht genügend Plätze in Vorbereitungs- und Sprachlernklassen. Allein in Berlin würden derzeit weit mehr als 2000 Kinder im schulpflichtigen Alter nicht beschult, kritisierte Sina Stach vom dortigen Flüchtlingsrat. Betroffen seien sowohl Kinder, die mit ihren Familien nach Deutschland geflüchtet sind, als auch unbegleitete Minderjährige. „Das ist ein großer Skandal. Doch da diese Misere geflüchtete Kinder betrifft, bleibt der zu erwartende Aufschrei leider aus.“ Auch der Soziologe und Erziehungswissenschaftler Aladin El-Mafaalani berichtete, er arbeite mit Kommunen, zumeist Großstädten, zusammen, in denen zahlreiche Kinder und Jugendliche nicht beschult würden. Diese Zahlen würden jedoch nicht veröffentlicht. Durch die Verzögerungen sei eine erfolgreiche schulische Laufbahn der Kinder „hochgradig gefährdet“. Viele hätten durch Flucht und unsichere Verhältnisse im Herkunftsland schon lange keine Schule mehr besucht und einen großen Förderbedarf. Warten auf das Erstgespräch Dabei bestehe eigentlich für alle Minderjährigen in Deutschland vom ersten Tag an ein Recht auf Bildung und eine Schulpflicht, betonte Helen Sundermeyer vom „Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“. Jedoch hätten viele Bundesländer entschieden, dass eine Schulanmeldung von allein geflüchteten Jugendlichen in der vorläufigen Inobhutnahme und während des sogenannten Clearing-Verfahrens - den Untersuchungen und Gesprächen zur Klärung von Gesundheitszustand, zu den rechtlichen Möglichkeiten oder zur Unterbringung - wenig Sinn ergebe. Allerdings ist die Wartezeit für ein Erstgespräch meist lang, und auch danach vergehen oft Monate, bis Plätze in dauerhaften Wohngruppen frei würden. Dadurch verzögere sich auch der Schulstart, sagte Sundermeyer. Vormünder und Betreuer, die sich um eine Schulanmeldung kümmern könnten, gebe es zu wenig. „Das System ist völlig überlastet“, sagt sie. In einigen Städten wie Bochum oder Köln würden unbegleitete Jugendliche aus Mangel an regulären Betreuungsplätzen zeitweise sogar in Turnhallen untergebracht, berichtet Birgit Naujoks vom Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen. „Da ist an Beschulung gar nicht zu denken.“ Monatelang in Erstaufnahmeeinrichtungen Doch selbst für Kinder, die mit ihren Familien geflüchtet sind, ist die Situation nicht viel besser. Solange sich die Familie in Erstaufnahmeeinrichtungen befinden, ist seitens der Bundesländer meist kein regulärer Schulunterricht vorgesehen. Und der Unterricht, der in den Einrichtungen angeboten werde, sei kein adäquater Ersatz für eine Regelschule, sagt Teresa Wilmes vom Kinderhilfswerk „terre des hommes". Die Flüchtlingskinder hätten keinen Kontakt zu Einheimischen. Die Fluktuation sei hoch, die Unterrichtsinhalte seien eingeschränkt. Wegen des Wohnraummangels in den Kommunen würden viele dort über Monate auf engem Raum leben. Aber auch nach der Verteilung auf die Kommunen müssten die Familien nach Angaben der Hilfsorganisationen oft lange auf Schulplätze für ihre Kinder warten. Die Ministerien für Inneres, Kultus und Soziales in Hannover bestreiten hingegen Probleme bei der Beschulung von Geflüchteten. Ein Sprecher teilte mit, dass es in dem Bundesland „prinzipiell kein Kind und keinen Jugendlichen ohne Schulangebot und Schulplatz“ gebe. In Einzelfällen könnten kurze Wartezeiten von einigen Tagen vorkommen. Zahlen zu schulpflichtigen geflüchteten Kindern lägen den Ministerien nicht vor. ip/sts (epd) Extras Weitere Nachrichten für Deutschlehrende